Ich hätte nicht gedacht, dass ich so jung auf einem Kreuzfahrtschiff landen würde, aber das Leben ist voller Überraschungen. Als Tarek Kholoussy, der Gründer von Nomads Giving Back, mir in Medellín vom Nomad Cruise erzählt hat, war ich sofort von dem Konzept überzeugt. Ich hatte in Medellín bereits gemerkt wie wertvoll der Austausch mit anderen digitalen Nomaden ist und mir gefiel die Idee einer knapp zweiwöchigen Konferenz auf engstem Raum. Deshalb habe ich sofort zugeschlagen, als der Verkauf für den Nomad Cruise 9 von Spanien nach Brasilien losging und mir ein Early-Bird-Ticket für 900 € geschnappt.
Der Nomad Cruise unterscheidet sich von anderen Konferenzen durch die einzigartige Community, das Programm und die außergewöhnliche Location. Deshalb werde ich auf diese drei Punkte näher eingehen.
Vor dem Nomad Cruise: Barcelona
Am letzten Abend vor der Abfahrt gab es ein großes Kick-Off-Event zum Kennenlernen. Es war spannend die Mitglieder aus der Facebook Gruppe zum ersten Mal persönlich kennenzulernen. Einige Teilnehmer kannten sich bereits, da sie sich schon eine Woche vorher im gleichen Hostel einquartiert hatten. Beim nächsten Cruise werde ich es genauso machen und der Hostel Empfehlung des Nomad Cruise Team folgen. Ich glaube, dass dies insbesondere für introvertierte Menschen eine gute Möglichkeit ist, um in einem zwanglosen und kleineren Rahmen die ersten Kontakte zu knüpfen.

Ich bin zwar auch drei Tage vorher angereist, aber ich habe mir ein eigenes Hostel gesucht, um Geld zu sparen. Das ist mir zwar gelungen, aber dafür gab es in meinem Hostel auch keine anderen Cruise Teilnehmer. Ich habe meine Zeit in Barcelona stattdessen für ein Fotoshooting und eine Free Walking Tour genutzt. Dabei ist mir aufgefallen wie angenehm die Stadt im Winter ist. Es ist zwar etwas kälter, aber dafür gibt es keine Touristen Horden und die Preise sind entsprechend günstiger.

Nomad Cruise Community
Das Wichtigste am Nomad Cruise ist die Community. Der nomadische Lebensstil wird zwar immer beliebter, aber er ist immer noch eine Randerscheinung in der heutigen Gesellschaft. Deshalb ist es angenehm Gleichgesinnte zu treffen, die den Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben abseits konventioneller Karrierepfade nachvollziehen können. Dieser gemeinsame Nenner verbindet die Teilnehmer aus der ganzen Welt. Der Wunsch nach Freiheit ist mit einer Offenheit und optimistischen Grundhaltung verbunden, die ich als sehr angenehm empfinde. Aufgrund dieser Offenheit war es sehr einfach mit anderen Teilnehmern ins Gespräch zu kommen. Dieser positive Vibe wurde von Jordan Carroll, einem Remote Job Coach, in einem kurzen A Day in the Life (NC 9) Video sehr gut eingefangen.
Der Nomad Cruise 9 bestand aus knapp 300 Teilnehmern aus den unterschiedlichsten Branchen. Vom Science-Fiction-Autoren bis zur Medizinpädagogik Professorin war alles vertreten. Aufgrund der Größe der Konferenz gab es zu jedem erdenklichen Themengebiet Experten, die bereit waren ihr Wissen großzügig zu teilen. Jeder Teilnehmer hatte die Möglichkeit seine Expertise in einem Skill Pitch vorzustellen. Ich habe die Möglichkeit spontan wahrgenommen und meine Unterstützung im Content Marketing angeboten.
Nach dem Pitch sind mehrere Teilnehmer auf mich zugekommen und ich habe mich in den darauffolgenden Tagen mit ihnen auf einen Kaffee getroffen und ihnen bei der Erstellung einer Content Strategie geholfen. Dadurch habe ich einen tiefen Einblick in spannende Unternehmen wie den Nomad Train bekommen. Die Beratungsgespräche haben mich darin bestärkt mich im Bereich Content Strategie weiter zu spezialisieren.
Ich habe mich manchmal gefragt, wie die anderen Passagieren unsere Gruppe wahrgenommen haben. Mit 300 Leuten haben wir zwar nur einen Bruchteil der Passagiere gestellt, aber wir waren mit Abstand die größte Gruppe auf dem Schiff. Mit unseren blauen T-Shirts und unseren täglichen Meetups müssen wir auf die regulären Passagiere wie eine Sekte gewirkt haben. Es gab zwar wenig Austausch zwischen unserer Gruppe und den regulären Passagieren, aber wir haben friedlich nebeneinander koexistiert.

Nomad Cruise Programm
Das offizielle Programm auf dem Schiff bestand aus Vorträgen, Workshops, und drei Sonderveranstaltungen. Der Großteil der Vorträge und Workshops wird von den Teilnehmern gehalten. Bei der Anmeldung für den Cruise kann sich jeder Teilnehmer als Redner bewerben. Die Idee dahinter ist, dass alle Teilnehmer davon profitieren, wenn das Wissen in der Community offen geteilt wird (Stichwort: Skill-Sharing).

Vorträge und Workshops
Die Workshops sind interaktiver als die Vorträge und es werden öfter Pausen gemacht in denen das Publikum alleine oder in Kleingruppen Aufgaben bearbeitet. Das Programm war eine Mischung aus Business Themen und Persönlichkeitsentwicklung. Das ist meiner Meinung nach auch sinnvoll, da sich beide Themen stark überschneiden. Der Deep Connection Workshop von Bori Vigh war sogar mein persönliches Highlight auf dem Schiff.
Vor dem Cruise hatte ich mir vorgenommen mehr über Instagram zu lernen, um meinen Blog besser zu vermarkten. Das ist mir auch gelungen, da es einen Vortrag und einen Workshop zu dem Thema gab. Agentur-Chef Sascha Bitz hat in einem Vortrag erklärt wie er Instagram nutzt, um Marken wie Bobberbrothers Apparel aufzubauen. Darüber hinaus gab es einen Workshop von Christa Romano, in dem sie erklärt hat wie sie auf Instagram innerhalb kurzer Zeit eine Personal Brand aufgebaut hat. Diese Erfahrung aus erster Hand ist Gold wert.

Sonderveranstaltungen
Zusätzlich zu den Vorträgen und Workshops gab es drei Sonderveranstaltungen:
1. Talent Show
Bei der Talent Show hatten die Teilnehmer die Möglichkeit ihre Talente unter Beweis zu stellen. Für die Show wurde extra der Kinosaal im Schiff gemietet. Neben Comedians, Musikern und Sängern gab es auch ausgefallenere Talente. Wer hätte gedacht, dass wir einen professionellen Jo-Jo-Spieler und eine polynesische Tänzerin in den eigenen Reihen hatten.
2. SPEAKup Challenge
Die SPEAKup Challenge war ein intensiver Workshop zum Thema Public Speaking. Der Workshop war auf 30 Teilnehmer beschränkt und alle Teilnehmer wurden ermutigt ihren dreiminütigen Vortrag im Plenum zu präsentieren. Ungefähr 20 der Teilnehmer haben das Angebot wahrgenommen. Es war beeindruckend zu sehen wie geschliffen die Vorträge nach der kurzen Vorbereitungszeit waren. Die SPEAKup Challenge hat sich leider mit dem Instagram Workshop von Christa überschnitten, aber bei meinem nächsten Nomad Cruise werde ich definitiv daran teilnehmen.
3. Piranha Tank
Der Piranha Tank ist an den Shark Tank aus den USA angelehnt. In Deutschland gibt es mit der Höhle der Löwen ein ähnliches Format. Die Teilnehmer pitchen vor einer Jury ihre Geschäftsidee und bekommen direktes Feedback von Experten. Meine beiden Lieblings Pitches waren ein Glamping Resort für digitale Nomaden in Slowenien und eine Investitionsplattform für internationale Coliving Spaces (Nomad Avenue).

Meetups
Nach dem offiziellen Programm gab es tägliche Meetups. Jeder Teilnehmer konnte unkompliziert einen Meetup für ein Thema seiner Wahl organisieren, indem er einen Aushang an dem Meetup Board befestigt hat. Die meisten Meetups fanden in der gemütlichen Sky Bar statt. Die Themenvielfalt hat von bewusstem Coliving bis zum Konsum von Psychedelika alles abgedeckt. Meetups haben den Vorteil, dass Nischenthemen in einer intimen und lockeren Atmosphäre besprochen werden können.
Ein Meetup für Texter von dem Journalisten Bill Hinschberger war für mich mit Abstand am wertvollsten. Bill hat mehrere Meetups zum kreativen Schreiben organisiert und dabei hat sich herausgestellt, dass die Gliederung von Texten ein weit verbreitetes Problem ist. Daraufhin hat er kurzentschlossen einen Crashkurs zu dem Thema gegeben. Darüber hinaus konnte ich in Einzelgesprächen viel von anderen deutschen Bloggern (z. B. Dominik Fecht von Finanziell Frei mit 30) und einem erfahrenen PR-Texter lernen.

Exkursionen
Während dem Cruise gab es drei Landtage (Gibraltar, Teneriffa, Mindelo). Die Aufenthalte waren nicht nur eine angenehme Abwechslung, sondern auch eine willkommene Möglichkeit online zu gehen. In Gibraltar und Teneriffa bestand die Option einer Exkursion. Den Affenberg in Gibraltar habe ich mir geschenkt und stattdessen in einem Café gearbeitet. Dafür habe ich in Teneriffa den Teide Nationalpark besichtigt. In Mindelo habe ich mir kurz die Altstadt angeschaut und mich danach mit den anderen Nomaden am Strand gesonnt. Durch den Cruise hatte ich die Möglichkeit Orte kennenzulernen, die ich von mir aus wahrscheinlich nicht besucht hätte.

Ein Tag auf dem Schiff
In der Praxis sah das ganze dann folgendermaßen aus:
6:30 | Aufstehen |
7:00 | Yoga Meetup auf dem Deck |
8:00 | Workout im Gym |
9:00 | Frühstücksbuffet |
10:00 – 10:45 | Juliana Rabbi: LinkedIn tips for Digital Nomads |
10:45 – 11:30 | Sascha Bitz: How I built multiple successful brands with Instagram |
11:30 – 12:15 | Enelin Paas: Business Growth Hacking with Affiliate Marketing |
12:15 – 13:00 | James Ellsmoor: Getting the Right Kind of Media for your Nomad Business |
13:00 – 14:00 | Mittagspause Buffet |
14:00 – 19:00 | Teneriffa Exkursion Teide |
19:30 – 21:00 | Abendessen in der Gruppe im Restaurant |
21:00 – 22:00 | Pool Bar |
22:30 | Nachtruhe |
Der Tagesplan spiegelt meine eigenen Präferenzen wider und sieht natürlich bei jedem Teilnehmer anders aus. Ich bin immer früh aufgestanden, um täglich Sport zu machen. Dafür bin ich auch relativ früh ins Bett gegangen und war während dem Cruise nur einmal in der Disco. Mir war es wichtig tagsüber fit zu sein, um so viel wie möglich vom Programm mitzunehmen.
Vor dem Cruise habe ich unterschätzt wie zeitintensiv das Programm ist. Ich hatte eigentlich geplant jeden Tag auf dem Schiff zu arbeiten, aber dazu bin ich gar nicht gekommen.

Nomad Cruise Location
Vor dem Cruise hatte ich keinerlei Vorstellung davon, was mich auf dem Schiff erwarten würde. Meine einzige Assoziation mit Kreuzfahrtschiffen waren deutsche Rentnerpärchen, die den ganzen Tag Bingo spielen. Diese waren zwar auch auf dem Schiff vertreten, aber sie waren in der Minderheit. Die meisten Passagiere waren Brasilianer und Spanier, die den ermäßigten Rückführungs-Cruise als günstige Überfahrt nach Südamerika genutzt haben. Neben den obligatorischen Rentnern gab es auch zahlreiche junge Pärchen und Familien, wodurch die Atmosphäre etwas aufgelockert wurde.
MS Sovereign
Unser Schiff war die MS Sovereign, welche 1988 in Betrieb genommen wurde und damals das größte Kreuzfahrtschiff der Welt war. Das Schiff kann 2,850 Passagiere transportieren und ist ein wahres Monstrum. Wenn ich die Atmosphäre auf dem Kreuzfahrtschiff mit einem Wort beschreiben müsste, dann würde ich sagen: surreal. Die goldene Innenausstattung und die bunten Teppiche waren ein Throwback in die 80er Jahre. Dieser Eindruck wurde durch die sanfte Jazz Musik, die im Hintergrund lief, nur noch verstärkt. Ich hatte das Gefühl für zwei Wochen in ein retro Paralleluniversum einzutauchen, in dem ich mich um nichts kümmern musste. Es gab einen täglichen Zimmerservice und ein All-you-can-eat-Buffet, das keine Wünsche offen ließ.
Ich hatte eine geteilte Kabine gebucht, um Geld zu sparen. Diese Entscheidung habe ich auch nicht bereut, da ich mich mit meinem Mitbewohner sehr gut verstanden habe. In den ersten Tagen haben wir morgens zusammen trainiert, aber dann ist er unglücklicherweise krank geworden.
Digitaler Detox
Das Wi-Fi auf dem Boot ist relativ teuer und deshalb entscheiden sich die meisten Teilnehmer für einen digitalen Detox. Eine Businesskonferenz für digitale Nomaden ohne Internet erscheint zwar auf den ersten Blick unlogisch, aber auf den zweiten Blick macht es durchaus Sinn. Wenn jemand einen digitalen Detox braucht, dann sind es digitale Nomaden. Außerdem geht es bei der Konferenz in erster Linie darum zu lernen und sich mit anderen auszutauschen und weniger um die Arbeit an sich. Ich habe mich allerdings für einen Kompromiss entschieden. In der ersten Woche habe ich aufs Internet verzichtet und in der zweiten Woche habe ich mir ein Internet Paket gegönnt.

Nach dem Nomad Cruise: Porto de Galinhas
Nach knapp zwei Wochen sind wir in Recife angekommen und der Großteil der Teilnehmer ist weiter nach Porto de Galinhas gefahren. Es handelt sich um ein ehemaliges Fischerdorf, das sich in den letzten Jahren zum Touristenort entwickelt hat. Aufgrund der etwas abgelegene Lage im Nordwesten von Brasilien ist der Ort trotz der schönen Strände über die Landesgrenzen hinweg relativ unbekannt. Dadurch ist Porto de Galinhas bisher von einer touristischen Überentwicklung verschont geblieben und konnte sich seinen entspannten Charme bewahren. Die Preise orientieren sich an brasilianischen Touristen und dementsprechend sind Aktivitäten wie Buggy Fahrten und Bootstouren verhältnismäßig günstig.
Nach knapp zwei Wochen voller Keynotes, Workshops, Meetups und Exkursionen war es sehr angenehm runterzukommen und die ganzen Eindrücke zu reflektieren. Während dem Cruise ist außerdem Arbeit angefallen, die ich in den ersten Tagen in Porto de Galinhas erstmal erledigen musste. Die restlichen Tage habe ich damit verbracht andere Teilnehmer zu treffen und an einem kleinen Filmprojekt zu arbeiten. Einige Teilnehmer haben sich zusammen ein Haus gemietet und ein temporäres Coliving Projekt gestartet. Beim nächsten Mal werde ich es genauso machen, anstatt mir ein Apartment auf Airbnb zu buchen.

Fazit
Das Nomad Cruise Team hat in den letzten Jahren eine besondere Community aufgebaut, bei der das Skill-Sharing im Vordergrund steht. Ich war von der fachlichen Kompetenz beeindruckt und habe bei den Workshops und Vorträgen sehr viel mitnehmen können. Am meisten habe ich jedoch in den Einzelgesprächen zwischendurch gelernt. Das Nomad Cruise Team legt großen Wert darauf diesen persönlichen Austausch zwischen den Teilnehmern zu fördern.
Auf persönlicher Ebene hat mich der Cruise darin bestärkt meinen eigenen Weg zu gehen und mein Leben nach meinen eigenen Vorstellungen zu gestalten. Es hat mich inspiriert so viele Menschen zu treffen, die ein unkonventionelles Leben führen und dabei äußerst erfolgreich sind. Dieser positive Bezugsrahmen hat mir bisher immer ein bisschen gefehlt. Aus beruflicher Sicht hat der Cruise mir bei der Entscheidung geholfen in welche Richtung ich mich als Texter spezialisieren möchte und nebenbei habe ich auch noch zwei neue Kunden gewonnen.
Ich bin mir sicher, dass der Nomad Cruise 9 nicht mein letzter Nomad Cruise geblieben ist. Wenn so viele interessante Menschen auf einem so geringen Raum zusammenkommen, dann entsteht etwas Besonderes. Es war sehr angenehm so viele gleichgesinnte Menschen zu treffen und von erfolgreichen Unternehmern zu lernen.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis vom Nomad Cruise ist meiner Meinung nach unglaublich gut. Es gibt zahlreiche zweitägige Konferenzen, die das Gleiche kosten und viel weniger bieten. Der Cruise ist allerdings auch ein großes zeitliches Commitment und deshalb werde ich nicht jedes Jahr daran teilnehmen, sondern eher jedes zweite. Ich werde die Zeit bis zum nächsten Cruise dafür nutzen andere Alumni zu treffen und die neuen Erkenntnisse im Alltag umzusetzen. Getreu dem inoffiziellen Nomad Cruise Motto “This is just the beginning”.
Warst du schon mal auf dem Nomad Cruise? Schreibe deine Erfahrungen in die Kommentare.
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